GOODis: One's Trash is Another's Treasure [German Version]
Teilen
Alexa Rasch ist die Gründerin von GOODis, einer nachhaltigen Modemarke, die eine provokante Botschaft sendet, indem sie Mode als Mittel des Aktivismus einsetzt, um Gespräche zu entfachen und Veränderungen anzuregen. Alexa ist eine leidenschaftliche Verfechterin des bewussten Konsums und hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kleidung zu kreieren, die sowohl stilvoll als auch umweltbewusst ist. In diesem Interview gibt sie Einblicke in ihre Reise als Unternehmerin für nachhaltige Mode, die Herausforderungen, denen sie sich auf ihrem Weg gestellt hat, und ihre Vision für die Zukunft der Mode.
Du hast das Projekt im Jahr 2020 gestartet. Die Idee war, gebrauchte Kleidung umzugestalten und daraus modische Einzelstücke und Accessoires zu machen. Was hat dich dazu inspiriert, alte Kleidung zu sammeln und daraus neue Artikel zu kreieren?
Meine Inspiration ist mir schon in die Wiege gelegt worden. Meine Mom hatte bereits 1980 einen der ersten Second Hand Läden im Norden von Bayern. Ich selbst beschäftige mich seit meiner Jugend mit gebrauchter Kleidung. Ich habe in Second Hand und auf Flohmärkten Sachen gekauft.
Irgendwann habe ich Kleidung gekauft wegen ihrer tollen Materialien, die heute so kaum noch produziert werden. Als mein Fundus immer größer wurde, entstand die Idee, Kleidung umzunähen und aus anderen Materialien, wie z.B. Verpackungsfolien zu machen.
Ich fand es super spannend damit zu experimentieren. Da ich keine Ausbildung zur Schneiderin habe, half mir der jahrelange Besuch eines Nähkurses. Für mich ist der Kauf oder das Upcycling von Kleidung mein Beitrag zum Klimaschutz. Kaum jemand weiß, dass der Anbau von Baumwolle bis zum Verkauf der Kleidung mehr CO2 verursacht als Fliegen und Autofahren. Alle reden aber davon. Kleidung gebraucht zu erwerben ist somit ein wichtiger Aspekt im Umweltschutz und muss gefördert werden!!
Wir haben gehört, dass du mehr als 2500 Kleidungsstücke vor der Zerstörung bewahrt hast, sie gereinigt und repariert, manchmal auch bedruckt, gefärbt, verarbeitet und in etwas völlig Neues verwandelt hast. Das ist eine enorme Leistung für eine einzelne Person! Wir haben auch gesehen, dass du einen Slogan hast: "Ich habe deine Kleidung gefunden", der sehr gut zu GOODis passt und sicher ein guter Gesprächsanlass ist. Kannst du uns etwas über deine Methoden bei der Auswahl und Beschaffung von Materialien für deine Kreationen erzählen?
Ich habe mehr als 2500 Kleidungsstücke gesammelt und diese gereinigt und repariert. Einiges wurde upgecycelt, gebatikt o.ä. Hüte aus Putzlappen, die eigentlich wieder in die Industrie gehen, haben wir zu Bucket Hats verwandelt. Für ein Fashion Video, in dem wir die geretteten Textilien zeigen wollten, habe ich mir ein Shirt »I found your clothes« genäht. Wenn ich Kleidung von der Straße oder vor den Altkleider Containern einsammle, geht es mir nicht um Marken. Mich triggert die Vorstellung, welche Menschen ihre Kleidung vor den Containern ablegen. Es gibt so etwas wie eine Handschrift jedes Kleidungsstückes. Oft lässt sich das ungefähre Alter ablesen. Manchmal ist vielleicht jemand verstorben, besonders bei Vintage Kleidung ist das manchmal der Fall. Ich überlege dann, was ich damit mache. Oft reicht nur eine Reinigung oder einen Knopf anzunähen. Kleidung ist wie eine zweite Haut. Viele Menschen trauen sich nicht, gebrauchte Kleidung zu kaufen. Wenn jemand stirbt, ist es oft die Kleidung, die am Ende eines Lebens übrig und für Angehörige verbunden mit Erinnerungen ist. Die meisten wollen diese nicht tragen. Werte an tollen Materialien gehen verloren!
Ich möchte auf diesen Aspekt der überquellenden Spendentonnen für Textilien und Kleidung eingehen. Gibt es Zeiten, in denen mehr Textilien weggeworfen werden (z. B. Hochs und Tiefs)? Oder gibt es Zeiten, in denen es weniger sind? Du hast erwähnt, dass du manchmal sogar nagelneue Sachen findest, an denen die Etiketten noch dran sind - wie kann das sein?
Die Situation vor den Altkleidercontainern geht oft einher mit der Witterung. Jahreszeitenwechsel regen an, sich den Kleiderschrank vorzunehmen. Manches passt vielleicht nicht mehr.. Nach dem WE ist es besonders schlimm!! Teilweise waren neue Stücke mit Preisetikett dabei, zb. eine Daunenweste von Ralph Lauren für 120€.
[Anzug und Top vor Container aufgelesen, Hut aus alten Handtüchern genäht]
Ich weiß, dass du dich darauf konzentrierst, jüngere Leute dazu zu inspirieren, sich in diesem Ökosystem zu engagieren. Warum denkst du, dass das wichtig ist und wie können wir Kinder und Jugendliche dafür begeistern?
Kinder und Jugendliche sind die nächste Generation. Es wird Zeit, dass der Umgang mit und die Herkunft von Kleidung fest im Bildungssystem verankert wird. Wir als Eltern sind Vorbilder, auch was unseren Bekleidungskonsum angeht. Ich habe schon Klassen bei GOODis zu Besuch gehabt. Viele von den Jugendlichen haben noch nie gebraucht gekauft. Bei uns können sie die Kleidung anziehen, Accessoires kombinieren und alle hatten viel Spaß dabei. Wir müssen Berührungen mit dem Thema Second Hand vs. Fast Fashion schaffen.
Kannst du uns von einem besonders herausfordernden oder lohnenden Projekt erzählen, an dem du gearbeitet hast? Wir haben gesehen, dass du Zigarettenkippen gesammelt und ein sehr cooles Kleid gemacht hast. Vielleicht kannst du uns mehr über dieses Projekt erzählen?
Ich habe für eine Ausstellung in Hamburg mit dem Thema Transformation ein Kleid aus über 3000 gesammelten Kippen von der Straße genäht. Es ist mein ganzer Stolz und es ist schon mehrfach ausgestellt worden. Auch bei den gesammelten Kippen sieht man die Achtlosigkeit und auch das Unwissen vieler Menschen, wie schädlich die Filter für die Umwelt sind. 1 Zigarettenfilter kann bis zu 1000 Liter Grundwasser verunreinigen. Über 4 Billionen Kippen landen geschätzt in der Natur. Wenn Menschen das Kleid sehen, werden sie emotional berührt. Sie denken einen Moment darüber nach. Dann gebe ich noch umwelttechnische Inhalte mit auf den Weg und hoffe darauf, dass sie das weiter erzählen und Freunde und Familie darauf aufmerksam machen, ihre Kippen nicht in die Natur zu werfen.
Gerade nähe ich an einem Mantel aus über 400 Caprisonnen, die nach einem Instagram Aufruf in ganz Deutschland von der Straße gesammelt wurden. Insgesamt über 1000 wurden mir geschickt. Der Mantel ist ein Auftrag einer der ersten Cleanupperin aus dem Raum Osnabrück, Birgit Schad. Eine Wahnsinnsarbeit, denn alle müssen von Dreck befreit und aufgeschnitten werden. Der Gestank und Schimmel im Inneren der Capri Suns ist grässlich . Das Ergebnis wird aber super! Mit dem Mantel geht Birgit in Schulen und klärt zu Umweltthemen, vor allem Plastik, auf.
Welchen Rat würdest du jemandem geben, der ein ähnliches Projekt mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und Upcycling starten möchte?
Ich freue mich über eine Vielzahl an Menschen, die sich wie ich, kreativ und mit Spaß dem Thema gebrauchte Kleidung, Upcycling und Trashkunst beschäftigen. Es ist leider so, dass ich davon nicht leben kann. Es braucht also Unterstützung. Es braucht mehr Förderung für solche Projekte! Doch Geld ist nicht alles. Die Menschen sind oft so dankbar und wertschätzend, das treibt mich an. Auch die Community ist in diesem Bereich mega motivierend!
Zum Glück bin ich mit allem nicht allein. Ich habe Freund:innen und meine Kolleg:innen, die das Projekt finanziell und durch Zeit unterstützen.
Wenn Ihr jetzt Lust auf unser Projekt habt, dann kommt noch bis zum 31.5. in den Ostertorsteinweg 101 in Bremen. Di-Sa von 13-18 Uhr (meist länger).
Ich und meine Kolleginnen Ute Garbrecht, Marianne Gerling und Tanja Rehpen freuen sich auf Euch!